Sonntag, 4. März 2012

JOHANNES KÜHN

Altern


Plötzlich habe ich schlaffe Haut

und Haar in Eselsfarben,
höre so wenig fast wie ein Stein,
rufe den Pfosten wie einen Sohn,
mein Verstand
zerfällt.

Ich greife
nach Sonnenstrahlen,
die wie Stäbe durchs Märzfenster ziehn,
mich zu stützen,
und Feuer will ich haben
stets wie eine wärmende Frau
um meine Glieder.

Ich biete Gruß dem Raben
als Totenvogel.
Zimtkuchen
schmeckt mir im Mund wie Heu.
Der Mond wird mir ein Tor
um hindurchzugehn, durch das bleiche,
aus der Welt
ohne Pein im Schlaf.



Johannes Kühn wurde am 3. Februar 1934 in Bergweiler im Saarland geboren. Kühn besuchte von 1955 bis 1958 die Schauspielschule in Saarbrücken. Während er als Hilfsarbeiter in der Tiefbaufirma seines Bruders arbeitete, begann er bereits nebenbei Dramen, Gedichte und Märchen zu schreiben, denen größerer Erfolg jedoch zunächst verwehrt blieb.

Kühn verbrachte mehrere Jahre auf Wanderschaft durch seine Heimat und hielt die gesammelten Eindrücke in Arbeiter- und Naturgedichten, die erste überregionale Beachtung fanden, fest. Dennoch stellte er zu Beginn der 80er Jahre seine schriftstellerische Tätigkeit nach und nach ein. Ab 1992 begann er allerdings wieder, regelmäßig Gedichte zu schreiben. Die Ausgaben seiner Gedichte in den späten 1980er Jahren erregten ein breites positives Echo. Kühns Schaffen ist seitdem durch mehrere Preise gewürdigt worden.

1 Kommentar:

  1. Armer Johannes, er ist alt geworden, aber nicht erst heute,so viel Ich weiss seit mehrere Jahren ist er alt. Er ist ein Alter, sehr alt, viel mehr älter, älter, älter als Ich selbst: zwei Monate und drei Tage älter als Ich !.

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